Ostermarsch

Der Ostermarsch dieses Jahr war wirklich eine tolle Veranstaltung. Gute Redebeiträge, tolle Musik, viele TeilnehmerInnen.

Musik von Irmela Müller

und Felicia Peters

Fürs Friedensforum sprach Fritz Wittig:

Ein sofortiger und totaler Lockdown für die Rüstung ist ist bitter notwendig. Hier und heute werde ich über die Grundlage für diese Forderung reden.

Liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde, kein gutes Wetter für unseren Protest. Aber so wie das Wetter, ist auch die Situation der Welt – wir sind gefordert, wie schon lange nicht mehr!
Vielleicht ist diese Aussage auch falsch, vielleicht hatte ich in den letzten Jahren nur nicht begriffen, wie ernst die Situation ist, genauso, wie ganz viele unserer Mitmenschen es ebensowenig begreifen.

Gut, die grassierende Corona-Pandemie verdrängt sehr viele Themen. Leider  behindert sie nicht die Aufrüstung, den Klimawandel, den Rohstoffhunger unserer Wirtschaft und die mit diesen Themen verbundenen Kriegsplanungen, eher umgekehrt.

Gerade – irrsinnig in diesen Pandemiewochen – findet das verschobene NATO-Riesenmanöver mit dem irreführenden Namen DEFENDER statt.
Wenn wir uns allein die öffentlich zugänglichen Strategieplanungen von EU und NATO anschauen, müssen wir erkennen, dass es nicht mehr um Verteidigung – gegen wen auch? – geht, sondern um die Absicherung von Einfluss, Herrschaft und Rohstoffen.

Obwohl ich immer überzeugt war, dass ich als Kriegsdienstverweigerer und gewaltfrei denkender Mensch alle Kriege ablehne, hatte ich mich im Laufe der Zeit doch in seltenen Fällen mit der „militärischen Option“ abgefunden und Waffeneinsatz unter eng begrenzten Bedingungen als „Ultima Ratio“ akzeptiert.

Vor einigen Jahren, vielleicht durch den Afghanistankrieg, setzte ein Umdenken bei mir ein. Keine der humanistisch begründeten Interventionen von EU, NATO oder auch einzelnen Staaten hat etwas für die betroffene Bevölkerung verbessert. Stattdessen ist genau das Gegenteil eingetreten.

Unser Militär – die deutsche Bundeswehr ist oder war in fast allen diesen Konflikten oder Kriegen beteiligt – hat Chaos und eine zerstörte Infrastruktur hinterlassen. Soweit noch im Einsatz, ist das Militär damit beschäftigt, durch unsere Intervention neu entstandene Horrorentwicklungen, ein Beispiel ist die Entstehung des IS durch den Krieg im Irak, wieder einzufangen.

Auch die deutsche Industrie trägt ihren Teil zum weltweiten Töten bei. Mit erlaubten Waffenexporten aus Deutschland werden Konflikte geschürt und manchmal erst möglich gemacht.

Ich bin davon überzeugt, dass es keine gerechtfertigten, erst recht keine gerechten Kriege gibt! Wer noch daran glaubt, den bitte ich, sich davon zu verabschieden. Jeder Krieg, jeder Einsatz von Waffen erzeugt Unrecht und Unglück. Weder in unserer eigenen deutschen Geschichte, noch in späteren Kriegen, siehe Vietnam, erst recht nicht in Syrien, Libyen oder im Jemen führten oder führen Waffen zu den versprochenen Lösungen.

Die nächsten Katastrophen zeichnen sich bereits ab:In Europa, ganz aktuell, gibt es in der Ukraine wieder eine explosive Situation. Die alte Weisheit, dass die Wahrheit das erste Opfer jedes Krieges ist, scheint sich auch hier zu bestätigen.
In Myanmar drohen jetzt, nach dem Militärputsch, einige Milizen ethnischer Minderheiten, mit Waffen ins Geschehen einzugreifen, um der Militärgewalt etwas entgegenzusetzen.
Falls diese Konflikte eskalieren, werden daraus mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder Stellvertreterkriege, um Einfluss und Macht über diese Gebiete zu bekommen. Syrien lässt grüßen.
Vermutlich wird unser wohlwollendes Eingreifen auch diesmal gut verkauft im Namen der Freiheit und des Friedens und der Selbstbestimmung der betroffenen Menschen.

Das Ergebnis wird das gleiche sein, was alle anderen Konflikte der letzten Jahre erzeugt haben, lokale Not, Elend und Umweltzerstörung. Falls wir danach wenigstens etwas Menschlichkeit aufbringen würden, können wir eventuell den flüchtenden Menschen eine Zuflucht bieten.

Solange wir als Gesellschaft das militärische Denken unserer Politiker*innen dulden, die Option des Krieges mittragen, wird dieses Spiel immerzu weitergehen.

Das Denken in militärischen Kategorien muss endlich als das benannt werden, was es ist: eine gemeingefährliche und selbstgefährdende Krankheit!

Dieser Vorwurf wird vollends verständlich wenn wir mit offenen Augen und wachem Bewusstsein wahrnehmen, was sich gerade an den EU-Außengrenzen abspielt.
Menschen, die aus solchen oben beschriebenen Konfliktsituationen geflohen sind, um sich nicht am gegenseitigen Abschlachten beteiligen zu müssen, junge und alte, Familien mit kleinen Kindern, wird nicht etwa eine Zuflucht angeboten, was eine menschliche Selbstverständlichkeit sein sollte, nicht einmal die Chance auf einen Asylantrag, was ihr verbrieftes Recht ist,
NEIN, diese Menschen werden mit erniedrigender Gewalt zurückgetrieben, dem Hunger, der Kälte, dem Meer ausgeliefert, ihre Habseligkeiten werden
zerstört oder ihre Boote unbrauchbar gemacht.
Man muss kein Jurist sein, jeder kann erkennen, dass an diesen Menschen eindeutig strafbares Unrecht verübt wird!

Wir Europäer, speziell wir Deutschen zeigen gerne auf die anderen, die Despoten, die Unterdrücker, die Hassprediger, alle diejenigen, die die Menschenrechte mit Füßen treten.
Doch wenn wir die Augen aufmachen und uns umschauen, was sehen wir?
Auch unsere Hände sind blutig, unsere Regierungen lassen Menschen im Mittelmeer ertrinken, sie hindern Schiffe sogar daran, Ertrinkende zu retten. Mit deutscher Hilfe wird u.a. die kroatische Grenzpolizei so ausgerüstet, dass Geflüchtete auch unter schlechten Wetterbedingungen aufgespürt werden können, um anschließend von genau diesen Sicherheitskräften ausgeraubt, zusammengeschlagen und abgeschoben zu werden.

Die gleichen Politiker*innen, die diese unmenschliche Politik zu verantworten haben, entscheiden in der NATO oder dem entsprechenden EU-Gremium über unsere militärische Zukunft und behaupten, dass eine weitere Aufrüstung notwendig für unser aller Sicherheit ist.
Wen wollen sie schützen und von welcher Sicherheit ist dabei die Rede?
Wenn ich sehe, welche Verachtung unserer eigenen Grundrechte und Missachtung der Menschenrechte von Nicht-EU-Bürgern tatsächlich von den Regierungen, Militärs und weiteren, fast im rechtsfreien Raum operierenden Einheiten wie FRONTEX gelebt wird, verzichte ich gerne auf eine Verteidigung durch diese Menschen und Kräfte.

Manche Berichte erinnern mich an die Gräuel des 30-jährigen Krieges, andere an Science Fiktion.
Ich bin überzeugt, dass wir neue Methoden und Lösungen brauchen, um die Welt lebenswert und bewohnbar zu erhalten, da es immer offensichtlicher wird, dass unsere freiheitlichen und sozialen Grundwerte unvereinbar mit militärischem Handeln sind.

Auf einen Nenner gebracht:

RÜSTUNG = MILITÄR = TOD Rüstung und Militär tötet bereits jetzt, zu  sog.Friedenszeiten

Das Geld für die Rüstung fehlt dem Sozialstaat, gerade jetzt in Pandemie-Zeiten.
Die automatisierte Rüstung der Zukunft ist unkontrollierbar und unberechenbar.
Militär schadet der Umwelt ohne Wiedergutmachung und ohne dafür Rechenschaft zu leisten.
Keiner der Kriege der letzten Jahrzehnte hat Frieden gebracht, sondern nur neue Konflikte.
Rüstungsexporte aus Deutschland und anderen NATO-Staaten halten diese Spirale am Leben, sie erzeugen weltweit Tod und Verderben

FRIEDEN + SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT = LEBEN

nur ein gerechter Friede kann dauerhaft sein

Der sofortige Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag ist als erster Schritt überfällig.
Dazu müssen endlich die militärischen Emissionen in die CO²-Bilanz eingerechnet und damit überhaupt erkennbar gemacht werden. Eine ehrliche CO²-Bilanz sind wir der Umwelt schuldig.
Die von der NATO geforderten 2% aus dem Bruttosozialprodukt ( = 68,7 Mrd. Euro 2019 ) brauchen wir dringend als Investition in soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und zum ökologischen Umbau der Wirtschaft
Ein wirksames Lieferkettengesetz als erster Schritt hin zu einer gerechteren
Weltwirtschaft wird Vertrauen schaffen und damit helfen, Wirtschaftskriege zu vermeiden.
Ein Wechsel, weg von militärisch-hierarchischer Kommandostruktur, hin zur Beteiligung aller an Entscheidungsprozessen ist unserer Demokratie angemessen und führt zu sozialem Ausgleich.
Die volkswirtschaftlich sinnlose Rüstungsproduktion muss komplett aufgeben werden. Damit erledigt sich das Thema der Rüstungsexporte von selbst.
Auch wenn die jetzige und vermutlich auch die zukünftige Bundesregierung einen anderen Kurs fährt, wir müssen die Kraft aufbringen, etwas zu ändern!

Wir müssen selbst Frieden schaffen – „DER WEG IST DAS ZIEL“ – es tut niemand für uns!

Fordern wir von unseren Regierungen eine ernsthafte Suche nach Alternativen zur Gewalt, die aktuelle Eskalation in der Ukraine ist ein guter Zeitpunkt, jetzt gleich damit anzufangen.

Ostern ist das Versprechen der Natur, der christlichen und vieler anderer Kulturen an uns Menschen, dass das Leben stärker ist als der Tod – nehmen wir dieses Versprechen auf, Kämpfen wir für das Leben!

Funda sprach für die DIDF-Jugend:

Liebe Freundinnen und Freunde,

die Kriegsgefahr wächst. Uns als Jugend betrifft dieser Umstand besonders. Denn unsere Zukunft ist bedroht. Deshalb müssen wir umso dringlicher für konsequenten Frieden und für eine Welt ohne Kriege eintreten – für Frieden, Bildung und eine sichere Zukunft!

Im Zuge des Zwei-Prozent-Ziels der NATO sollen dieses Jahr knapp 50 Mrd. Euro in die Rüstung wandern. So beschloss es der Bundestag in der Haushaltsdebatte. Das ist ein Plus von knapp 1.3 Mrd. Euro für die Bundeswehr und die Kassen der Kriegsindustrie im Vergleich zum Vorjahr!

Die Bundesregierung genehmigt zudem weiterhin problemlos Waffenexporte in Krisenregionen. Am Frieden verdient sich nämlich nicht so gut, wie am Krieg. Zudem lagern bis zum heutigen Tag US-Atomwaffen in Deutschland: wieviele weiß niemand genau. Obwohl es immer wieder Forderungen gab, die Kernwaffen aus Deutschland zu entfernen, riskiert die Bundesregierung die Beziehung zum NATO-Partner USA nicht. Im vergangenen Jahr wurden die Bomben sogar modernisiert. Die Bundesregierung verweigert in diesem Zusammenhang die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags und fährt dabei gezielt den Konfrontationskurs.

In der Pandemie werden die langwierigen Fehlstellungen unserer Gesellschaft noch deutlicher und sichtbarer. Indem beispielsweise Schulen aufgrund fehlender Ausweichmöglichkeiten, zu wenig Räumlichkeiten und zu wenig Lehrpersonal, flächendeckend schließen müssen, wird die Jugend vor dem Bildschirm allein gelassen. Das Geld muss in die Sanierung der Schulen und in digitale Ausstattung gesteckt und das Lehrpersonal aufgestockt werden. Das Geld ist nämlich da!

Dem Bildungsministerium stehen 18 Mrd. Euro zur Verfügung, somit wird in der Pandemie mehr als dreimal so viel für Rüstung wie für Bildung ausgegeben. Eine staatliche Investition in die Institutionen Schule, Hochschule & Kita ist das alleinige Gegenmittel, um eine angemessene Entwicklung zu ermöglichen und die breitgewordene Perspektivlosigkeit abzubauen.

Stattdessen wird über die Propaganda der Bundeswehr versucht, die Jugend für den Einsatz mit den Kameraden zu begeistern! Es sind die 16 – 18-Jährigen, auf die die Bundeswehr ein besonderes Augenmerk legt. Die fehlende Perspektive auf ein gutes Studium oder eine gute Ausbildung wird ausgenutzt, um die Jugendlichen in Afghanistan, Mali oder Somalia in Lebensgefahr und in die Situation zu bringen, das Leben anderer Menschen zu gefährden. Statt zu lernen und sich weiterzuentwickeln, wird der Griff an der G36 geübt. Statt im eigenen Ort für bessere Lebensbedingungen zu kämpfen, wird auf der anderen Seite der Welt das Morden erprobt!

Unsere Zukunft steht heute so sehr auf der Kippe wie lange nicht mehr. Solange sich die Bundesregierung an den NATO-Aggressionen gegen Russland beteiligt und kein klares Zeichen für eine friedliche Kommunikation setzt, bleibt die Gefahr eines neuen Krieges in Europa weiterbestehen. Dabei ist sie bereits aktiv in Kriege auf anderen Kontinenten beteiligt. Erst vor kurzem hat der Bundestag die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes beschlossen. So beteiligt sich die Bundeswehr bereits seit Jahren an der Destabilisierung von ganzen Regionen, was Menschen die Existenzgrundlage nimmt und sie zur Flucht treibt.

Das kann so nicht weitergehen! Als Jugendliche werden wir den Kampf für den Frieden weiterführen, sei es in der Schule, im Betrieb oder an der Hochschule! Wir fordern:

Die BRD muss aus dem Rüstungswettlauf austreten und den Atomwaffenverbotsvertrag unterschreiben! Abzug der Bundeswehr von allen Auslandseinsätzen! Denn diese schaffen nur neue Fluchtursachen! Nicht Geflüchtete, sondern Fluchtursachen bekämpfen!

Das Geld für Rüstung muss endlich in Bildung, Gesundheit und ins Soziale fließen! Keine Erhöhung des Bundeswehretats!

Die Bundeswehr muss raus aus den Bildungseinrichtungen und aus dem öffentlichen Leben! Keine Werbung mehr fürs Morden.

und Katrin Valentin für die Families for Future

Krieg und Klimaschutz

Lasst uns gemeinsam eine Welt schaffen, die gerecht ist. Wenn jeder und jede nur so viel nimmt, wie er oder sie wirklich braucht, dann haben wir keine Kriege und wir haben keine Probleme mit dem Klimaschutz. Letztendlich geht es immer darum, uns selber wirklich zu spüren.

Klimaschutz ist Friedensarbeit. Es geht um intra- und intergenerative Gerechtigkeit. Keine Ausbeutung mehr. Keine Ausbeutung der Natur, keine Ausbeutung von Menschen und keine Selbstausbeutung.

Krieg beutet immer Menschen aus. Nicht nur diejenigen, denen Land weggenommen wird oder die unschuldig sterben, sondern auch diejenigen, die ihn durchführen. Die sich in Befehlsketten begeben und sich ihrer selbst entheben. Für die nicht mehr die Leitfrage ist:   Was möchte ich wirklich tun? Sondern, was soll ich tun? Die Folgen sind immer grausam. In den USA haben sich nach dem Vietnamkrieg mehr Soldaten wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung das Leben genommen als in diesem Krieg gefallen sind.

Ausbeutung ist auch die Wurzel allen Übels, die zu der Klimakatastrophe geführt hat. Weil wir ohne Rücksicht auf Ökosysteme, die unsere Lebensbedingungen schaffen, mehr nehmen als wir eigentlich zum Leben bräuchten, haben wir uns selbst in diese Situation manövriert. Derzeit berechnen die Klimatologen ein 4 Grad-Szenario für das Jahr 2070. Das bedeutet Landwirtschaft wird in ganz Deutschland so nicht mehr möglich sein. Nicht mehr aufzuhalten ist bereits eine Versteppung des Frankenlandes. Wir haben bereits die Grenzen vom humiden zum trockenen Wald überschritten und befinden uns in der Phase der Versteppung.

Wir stehen hier in einem Land, das in seiner Geschichte die halbe Welt kriegerisch attackiert hat. Deutsch zu sein ist kein Stolz, den wir erben. Es ist eine Geschichte, in die wir hineingeboren werden und die es immer noch zu heilen gilt. Immer noch sind wir maßgebliche kriegerische Akteure im Weltgeschehen. Nicht nur durch die Beteiligung an kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern durch die Herstellung von Waffen, durch die Ausbeutung von Natur und Menschen und durch einen Ressourcenverbrauch, der weit über das hinaus geht, was wir wirklich für ein schönes Leben benötigen würden.

Die meisten Kriege, die geführt werden, werden um Ressourcen geführt. Männer und Frauen treffen ihre kriegstreibenden Entscheidungen, weil wir in unserer Kultur Gier nicht mehr als solche erkennen. Die Idee ohne Rücksicht auf Verluste, einfach nur besser sein zu wollen als andere, ist ein anerkanntes Ziel, das in vielen Ritualen gewürdigt wird. Das geht soweit, dass es rechtlich unzulässig ist, wenn ein Börsenunternehmen geringere Gewinne macht, weil es Ziele der Nachhaltigkeit mit berücksichtigt. Die entsprechenden Manager machen sich gegenüber ihren Aktionären de facto strafbar.

Eine Rückbesinnung auf das Wesentliche und die Erkenntnis, dass wir alle miteinander verbunden sind, sind die Antwort auf Rüstungsambitionen und klimaschädigendes Verhalten.

Es geht um unsere Kinder. Um ihre Lebensgrundlage. Ihr, die ihr mit uns hier versammelt seid, Ihr steht hier aus Fürsorge. Ihr sorgt Euch um die Menschen und um ihre Nachkommen. Ich danke Euch dafür. Nur wenige, die hier heute stehen, haben am eigenen Leib erfahren, was Krieg oder was die Klimakatstrophe wirklich bedeutet. Zum Glück. Das ist die Hoffnung der Menschheit, dass wir uns einfühlen können. Das wir als Menschen umsichtig handeln können und den Mut haben, für eine gerechte Gemeinschaft einzustehen.

Und das geht! Wir dürfen nicht vergessen: Unsere Welt ist in ihrer jüngsten Geschichte bereits gerechter geworden. Es gibt sehr viel weniger Hunger auf der Welt als noch vor 50 Jahren. Seit 1992 hat sich der Anteil von ca. 18 auf ca. 10 % verringert – obwohl es wesentlich mehr Menschen gibt. Noch nie gab es so lange so viel Frieden in fast ganz Europa. Seit über 70 Jahren! Unsere Urgroßväter haben sich noch regelmäßig mit den Franzosen und Engländern die Köpfe eingeschlagen. In was für einem Glück leben wir!

Lassen wir uns nicht einlullen von den Angstgetriebenen, die weiterhin für kriegerische Aktivitäten argumentieren. Ja, es gibt noch unfassbar viel zu tun und wir rauschen gerade in unglaubliche Ungerechtigkeiten, was die Verteilung von Ressourcen und Macht betrifft. Das Rüstungsarsenal ist beängstigend. Aber ich glaube fest daran, dass die Menschheit letztendlich in der Lage ist, wirklich für sich zu sorgen. Zu lernen, sich wirklich zu spüren. Ich glaube daran, dass die Menschheit vernunftbegabt ist, zu großem Mitgefühl fähig ist und – wenn auch kurz vor knapp – handlungsfähig ist, drohende Katastrophen abzumildern.

Dafür setzen wir uns ein

Philipp Abel sprach für Verdi:

Liebe Aktivistinnen und Aktivsten,

ich freue mich im Namen der Gewerkschaft verdi hier zwischen gleichgesinnten einreihen zu dürfen!

Gleich zuallererst: diesen Freitag um 17h findet auf der kleinen Freiheit eine Kundgebung vom Bündnis gegen Rechts gegen die Abschiebung des Fürther Schülers Vladislav statt. Er stand kurz vor dem Abschluss, sein Bruder, der ebenfalls abgeschoben wurde, war in der 5. Klasse am HLG. Eure Unterstützung an diesem Tag wäre sehr schön!

Es ist mir schwer gefallen, mir Worte für heute zurecht zu legen. Das Thema für das wir heute hier stehen ist so groß und so fundamental. So viele Kluge Menschen haben dazu schon Konzepte entwickelt, brillante Reden gehalten oder starke Zeichen gesetzt.

Klar, ich könnte jetzt die bekannten Zitate bringen, ein paar altgediente Parolen schmettern oder Forderungen an „die da oben Stellen“. Aber gerade euch muss ich nicht überzeugen. Ihr setzt euch seit Jahren dafür ein und kennt die Sprüche gut.

Seit über 60 Jahren gibt es diese Friedensmärsche nun schon. Das ist ein unglaublich langer Atem für Frieden!

Ich habe mir die Entwicklung einiger Zahlen in diesem Zeitraum angesehen, Atomwaffen, Umsatz mit Waffen, Anzahl an Konflikten, …. . Im Wesentlichen konnte ich keine wirkliche Verbesserung erkennen. Warum ist das so?

Ich glaube es liegt daran, dass die Verantwortung in all diesen Fragen viel zu Diffus ist und damit abstrakt. Alle Beteiligten können sie leicht auf jemanden anderes schieben. Wahlweise sind Bund, EU, Nato, UN, die Rüstungsunternehmen, die Aktionär:innen, die vorherige Regierung, alte Verträge oder wer auch immer verantwortlich.

Gleichzeitig gibt es glaube ich zu wenig Kontakt zwischen den Lagern. Kennt jemand von euch Menschen, die bei Diehl arbeiten? Oder vielleicht Airbus? Sind wir genug in Kontakt mit den Abgeordneten in den Parlamenten, gerade denen, die nicht selbstverständlich hier stehen würden?

An den Tischen, an denen Kriegs- oder Rüstungsentscheidungen fallen, müssten eigentlich wir sitzen. Es müssten transparente, diverse, offene Runden sein. Aber das fängt im Kleinen an.

Als ich im Studium für die Jusos in den Hochschulrat meiner Uni gewählt wurde – der Katholischen Hochschule in Eichstätt – hatten wir gefordert, die KU möge die Zivilklausel einführen.

Grob gesagt bedeutet das, dass „die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel verzichten, die Rüstungszwecken dienen könnten“.

In Bayern gibt es keine einzige Hochschule, die eine solche Klausel eingeführt hat.

In der Diskussion an der Katholischen Hochschule setzten sich die TheologEN gegen die Zivilklausel durch. Der Grund den sie anführten war die Ausbildung zur Bundeswehrseelsorge und die Frage, ob diese nicht eine Indirekte Unterstützung des Militärs wäre.

Auch wenn sie nicht in meinem Sinn ausgegangen ist, wünsche ich mir solche Diskussionen noch viel mehr, auch in Verwaltungen und Betrieben. Zum Beispiel: Soll dieses spezielle Unternehmen eine Baugenehmigung bekommen? Liefern wir unsere Sensoren an diese spezielle Firma?

Diese Themen müssen auf die Agenda bei Personalratswahlen genau wie bei der Bundestagswahl!

Aber auf die Agenda für Frieden muss auch, dass wir uns gründlich an die eigene Nase fassen und unseren eigenen Rassismus reflektieren. Übermorgen, am 7. April, jährt sich der Völkermord in Rwanda von 1994. Innerhalb von 100 Tagen sind 1 Millionen Menschen umgebracht worden. Das sind im Schnitt 10.000 am Tag, in einem Land in dem damals weniger als 10 Millionen Menschen lebten. Die häufigste Waffe waren nicht Gewehre oder Pistolen. Es waren vor allem handelsübliche Macheten, billig in China produziert und mit französischer Unterstützung geliefert.

Es gibt eine Gedenkstätte in Murambi die ich besucht hatte als ich in Rwanda lebte. Es ist eine Schule auf einem kleinen Hügel. Dort liegen in jedem Klassenzimmer die Leichen der Ermordeten. Sie wurden aus einem zu schnell angelegten Massengrab gehoben und mit Kalk überdeckt. Weder Anblick noch Geruch werde ich jemals vergessen.

Der Ursprung dieses Massakers liegt in der rassistischen deutschen Kolonialgeschichte. Es waren die Deutschen, die mit Hilfe von Schädelmessungen und ähnlichem die sozialen Gruppen der Hirten (Tutsi) und Bauern (Hutu) als „Rassen“ deklariert hatten um die einen gegen die andere auszuspielen. Divide and Conquer.

Das ist jetzt 27 Jahre her und vermeintlich weit weg, aber Rassismus tötet auch hier bei uns: NSU, Halle oder Hanau. Ich frage mich auch, wie wir in Fürth, direkt am Rathaus, noch immer eine Straße mit einer Bezeichnung haben können, die so viele Betroffene schon als rassistische deklariert haben. Und wenn ich an das Kommando Spezialkräfte denke, bei dem einerseits Munition im großen Stil verschwindet und andererseits stramm rechte Netze identifiziert werden, wird mir bang.

Aber dann denke ich wieder an den langen Atem der Ostermärsche. Die Solidarität die von diesem Tag ausgeht. Ich wünsche mir dass sie sich bald auch in sinkenden Konflikt- und Waffenzahlen ausdrückt. Danke, dass wir als verdi in eurer Mitte sein können und hoffentlich bis Freitag für Vladislav!

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